Wieso fotografiert man überhaupt noch analog?

Ich meine, in Zeiten von digitaler Bildbearbeitung und Systemkameras ist es schon unglaublich, wie ungeheuerlich umständlich und unpräzise alltägliche Analogfotografie sein kann. Vor allem die ECHTE Analogfotografie, die, wo man sich auch wirklich keiner elektronischen Kontroll- und Steuerungssysteme bedient.

Nehmen wir eine meiner alten Lieben, die Nikon FM2. Ein Kleinbild-Traum für Analogfotografen, vollmechanisch, praktisch ewig haltbar und unverwüstlich. Aber: kein Autofokus. Kein wirklich brauchbarer Belichtungsmesser. Keine Blende-Automatik. Keine Zeit-Automatik. Und, so wie immer, natürlich, kein Viewing System. Für einer so wie ich, der eigentlich erst in Zeiten der digitalen Fotografie seine Ausbildung gemacht hat, fühlt es sich an wie im Nebel auf Sicht navigieren.

Aber gerade das finde ich das faszinierende. Der Mangel an Kontrolle und die fantastische, unerwartete Ergebnisse, die daraus resultieren.

Ehrlich: ich würde für ein Auftrag NIE heutzutage analog fotografieren. Viel zu riskant. Die Sauberkeit und Erwartbarkeit an Qualität und Inszenierung, die die Auftragwelt heute erfordert, toleriert keine wirkliche Experimentierfreude. Heute heisst die Devise: totale Kontrolle und Planbarkeit.

Aber gerade deswegen, wenn man tatsächlich die Kreativität zulassen will, die aus dem Unerwarteten entsteht, dann ist analog Fotografieren gerade perfekt. Einige meiner inspiriertesten Schüsse sind analog entstanden.

Eine Analogkamera fasst Licht, Formen, Graustufen, Farben ganz anders als eine Digitale. Sie ist ungenauer und deswegen unvorhersehbarer. Und sie ist wärmer, sanfter, schöner. Ich meine, inzwischen haben wir digitale Auflösungen, die weit über das Fassungsvermögen des menschlichen Auge gehen. Und dennoch haben für mich viele digitale Fotos, gerade die besten und die schärfsten, was SCHNEIDENDES. Sie tun mir irgendwie weh in den Augen. Das tun analoge Fotos nicht. Sie berühren das Auge auf schonender, authentischer Weise. Sie sind einfach schön anzuschauen, wenn man sie nicht mit dem heutigen Anspruch „schärfer, bunter, satter, krasser“ von heute betrachtet.

Und ich finde das Entwicklungsprozess so faszinierend. Spätestens als ich gelernt habe, selbst Filme und Abzüge zu entwickeln und mein analoges Kleinbild-Labor gebaut habe, habe ich mich in analoge Fotografie endgültig verliebt. Abgesehen davon, dass diese Magie des chemischen Entwickeln mich immer von neuen fasziniert. Aber man kann über die Entwicklung wieder so viel machen – und so viel FALSCHES machen, und aus den Fehlern entstehen wunderbaren Ergebnisse.

Ich werde analoge Fotografie nie verlassen. Sie wird immer als eine Insel neben meine professionelle Digitalfotografien existieren, wo ich mich auf wunderbar unplanbarer Weise künstlerisch ausdrucken kann.

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