Vor vier Wochen war ich so weit. Nach einigen Monaten bangen und hin und her überlegen habe ich beschlossen, mir doch eine Canon EOS R5 anzuschaffen.

Erste Systemkamera. Sicher, bisher war das Hauptargument dagegen der Preis. Ich meine, für die Kamera und ein Objektiv kann man sich woanders schon einen Kleinwagen anschaffen. Dennoch gab es auch andere Überlegungen dagegen. Als großer Fan von Analogfotografie war der Gedanke, dazu zu beitragen, das letzte noch zu rettende Stück Echtheit des digitalen Knipsen – das Sucherbild – abzuschaffen, für mich fremd. Es fühlte sich an wie ein Stück aufgeben. Und die ganze tollen EF Objektive ab jetzt nun mit einem Adapter verwenden müssen, naja. Aber nun gut – von Canon kommt demnächst keine vernünftigen DLSR mehr, Systemkamera ist die Zukunft, bla bla bla – ok. Dann hiess es halt ausprobieren.

Als die Camera da war, war zuerst der Schock. Dieser Sucher. Für diejenigen, die das schöne Gefühl genießen, durch ein echtes Objektiv gucken zu können, nun kann ich bestätigen: es ist ein höchst seltsames Gefühl. Man merkt es TOTAL, dass man durch ein Kleinbildschirm schaut. Spätestens da wird es befremdlich, wenn die Helligkeit des Sucherbildes sich von selbst korrigiert. Oder der Sucher schwarz bleibt – Panik! – weil man den Bildschirm aufgeklappt hat und das Live View aktiviert hat. Das erzeugt als erstes einen gewissen Abstand von der Cam. Man merkt, man hat einen Rechner in der Hand und nur bedingt einen optischen Werkzeug.

Dann kamen die ersten Shootings. Und da muss ich sagen, alter Schwede, the thing blew my mind away. Ich werde nicht alles auflisten, nur ein paar Kleinigkeiten, die schon alleine mein Fotografieren radikal verändert haben.

Erstens, das Ding fokussiert präzise. IMMER. Jeder kennt die Schwierigkeit, bewegte Subjekte, besonders bei Sportfotografie und spontanen Portraits, immer präzise zu fokussieren. Insbesonders bei offenen Blenden ist dann doch immer wieder die Nase scharf, oder der Hintergrund anstatt der rennende Tennisspieler. Nun, mit dem R5 kann man das alles vergessen. Das ist wie ein Colt im wilden Westen. Ziehen, schießen, treffen. Ziehen, schießen, treffen. Blitzschnell und todsicher. Und selbst das manuelle Fokussieren ist so anders. Spätestens als ich die scharfen Bereiche habe im Sucher rot glitzern sehen (Fokussierhilfe, ja, Schärfe glitzert!) ist jeder Kritikgeist bei mir wie Schnee geschmolzen.

Zweitens: die Bilder sind ungeheurelich hochauflösend und wenn man das mit der riesigen Abbildungsleistung der RF-Objektiven kombiniert, so heisst das, dass man das Bild massiv croppen kann, ohne Qualitätsverluste zu befürchten. Das heisst, es ist vorbei, das hundertmalige Schießen wg. Formatfragen (ein 5×4 für insta, ein 4×3 für FB, ein 16:9 für eine Story, ein 3×2 für den Druck). In der Regel muss man sich nur zwischen Hoch und Querformat entscheiden, alles andere erledigt man am Rechner.

Drittens: man kann mit elektronischen Verschluss shooten. Und das bedeutet: LEISE. Das heisst z.B. Reportagen bei leisen Veranstaltungen sind gar kein Problem mehr. Und das bei 20 Bilder pro Sekunde. Ich habe es versucht. Das sind praktisch Filmfotogramme.

Sicher, nicht alles ist Gold. Die Cam verbraucht ungeheuerlich viel Strom, ich hatte schon mal bei einem Shooting fast zwei Akkus durch. Und der Objektivadapter ist lästig und passt nicht auf allen Fremdhersteller-Objektive. Schon aus dem Grund verkaufe ich meine 6D Mark II nicht, zumindest nicht, bis ich alle Objektive auf RF beisammen habe – und das wird dauern. Wenn ich nicht auf bester Auflösung und todsicheren Fokus angewiesen bin, werde ich sie weiter nutzen.

Dennoch hat sich der Umstieg gelohnt. Schon wegen des Autofokus, ich hätte nie gedacht, dass es so viel ausmacht. Und die RF Objektive sind schon klasse, Rattenscharf und auch bedienfreundlich (Steuerungsring), es macht Spaß, die zu benutzen.

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